Predigt: Bergpredigt — Matthäus 7,7-11

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Himmlische Ressourcen

„Wenn nun ihr, die ihr doch böse seid, dennoch euren Kindern gute Gaben geben könnt, wie viel mehr wird euer Vater im Himmel Gutes geben denen, die ihn bitten!“

(Matthäus 7,11)

Wir befinden uns in der Bergpredigt Jesu inzwischen im siebten Kapitel. Am Ende vom sechsten Kapitel haben wir den Höhepunkt von Jesu bisheriger Lehre gehört: „Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit; so wird euch das alles zufallen“ (6,33). Als Christen sollen wir vor allem danach trachten, dass Gottes Reich sich in uns und unserer Umgebung weiter verbreitet und dass wir in einer rechten Beziehung zu Gott leben. Wie können wir das tun? Wie können wir zuerst nach Gottes Reich trachten mitten in einer Welt, wo fast jeder sein eigenes Reich bauen will? Wie können wir stets in einer rechten Beziehung zu Gott leben, obwohl wir von Natur aus sündhaft und schwach sind und versucht werden, auch nach Dingen in dieser Welt zu trachten? In den ersten sechs Versen von Kapitel sieben hat Jesus uns davor gewarnt, dass wir andere nicht richten sollen, damit wir nicht von Gott gerichtet werden. Er hat auch gelehrt, dass wir das kostbare Evangelium wirksam verbreiten und nicht solchen Menschen geben sollen, die nicht bereit sind, es ernsthaft anzunehmen. Aber auch das ist nicht einfach – wir brauchen dazu Weisheit und die Gabe, Menschen geistlich richtig einzuschätzen. Daher stellt sich erneut die Frage: Wie können wir das tun? Woher bekommen wir diese Weisheit? Im heutigen Predigttext, den Versen 7-11, antwortet Jesus auf diese Fragen, indem er uns eindringlich dazu ermutigt zu beten. Möge Gott uns alle durch diesen Text dazu ermutigten, für die Ausbreitung von Gottes Reich in und durch uns und für alle Lebensbereiche zu beten!

Betrachten wir den Vers 7: „Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan.“ In diesem Vers ermutigt Jesus seine Zuhörer und uns nachdrücklich zum Gebet. Dabei beschreiben die Worte „bittet“, „suchet“ und „klopfet an“ verschiedene Arten des Betens. Bitten bedeutet, dass wir Gott um Dinge bitten, die wir oder andere benötigen. Das kann zum Beispiel seine Hilfe bei geistlichen oder praktischen Herausforderungen in unserem Leben sein oder sein Eingreifen in Notsituationen, die mit menschlicher Kraft nicht gelöst werden können. Suchen bedeutet, dass wir betend nach der Wahrheit suchen, etwa nach Klarheit darüber, was Gottes Wille für mein Leben ist, oder Orientierung, wie wir uns in bestimmten Situationen verhalten sollen. Vor allem können wir im Gebet Gott selbst suchen, damit wir ihn, sein herrliches Wesen, seine große Liebe und Macht mehr erkennen und erfahren können. Mit „klopft an“ ermutigt Jesus uns schließlich dazu, im Gebet bei Gott laut anzuklopfen und ihn mit Nachdruck darum zu bitten, unsere Anliegen zu erfüllen.

Hinter jede dieser drei Aufforderungen stellt Jesus das Versprechen, dass Gott unser Bitten, Suchen und Anklopfen erhören und beantworten wird. Jesus sagt: „so wird euch gegeben“; und: „so werdet ihr finden“; und: „so wird euch aufgetan“. Gott hört unser Gebet und reagiert auf unser Bitten, Suchen und Anklopfen bestimmt. Obwohl diese Worte schon sehr klar und eindeutig sind, bezeugt Jesus im Vers 8 seine Verheißung noch einmal in allgemeiner Form: „Denn wer da bittet, der empfängt; und wer da sucht, der findet; und wer anklopft, dem wird aufgetan.“ Hier formuliert Jesus sein Versprechen von Gottes Antwort wie ein Naturgesetz, das generell und unabhängig von den Umständen gilt. Zum Beispiel gilt das Gesetz der Schwerkraft, dass Massen einander anziehen, unabhängig vom Ort und von den Umständen. Zum Beispiel wird ein Apfel oder ein Stein, den man loslässt, immer nach unten fallen, zur Erde hin, egal wer ihn wo auf der Erde loslässt. Es ist ein physikalisches Grundgesetz, ein Prinzip, das immer und überall gilt. Genau so formuliert Jesus hier auch die Wahrheit, dass Gott Gebet erhört. Wer zu Gott im Glauben betet, für den gilt das geistliche Gesetz: Wer Gott bittet, der empfängt; wer bei Gott sucht, der findet; und wer bei Gott anklopft, dem wird aufgetan. Es ist also ganz sicher, dass Gott unser Gebet erhört, unabhängig davon, wie groß das Problem ist und ob wir uns seine Lösung vorstellen können oder nicht; auch unabhängig davon, wer bittet: wer betet, der wird von Gott erhört. Das hat Jesus hier versprochen!

Warum lädt Jesus uns hier so nachdrücklich zum Beten ein? Warum formuliert er sein Versprechen, dass Gott uns erhört, so nachdrücklich? Ich denke, aus mindestens zwei Gründen. Zum einen weiß Jesus viel besser als wir, wie sehr wir im Leben Gottes Hilfe brauchen und deshalb beten für alle Lebensbereiche beten sollten. Zum anderen weiß Jesus, wie schwer es uns fällt, mit Zuversicht zu beten. Wenn wir darüber nachdenken, gibt es eigentlich keinen Bereich in unserem Leben, den wir selbst wirklich in der Hand haben, sodass wir Gottes Hilfe nicht bräuchten. Schon bei der Erfüllung unserer Alltagsaufgaben, zum Beispiel die Schule oder das Studium an der Uni erfolgreich zu absolvieren oder unsere Arbeit am Arbeitsplatz zu meistern, können wir gar nicht sicher sein, dass uns das auf Dauer im nötigen Maß gelingt. Auch wenn wir dazu neigen, auf unsere Fähigkeiten, unsere fleißigen Bemühungen und unsere Erfahrung zu vertrauen, wird es uns manchmal doch bewusst, dass wir es nicht wirklich in der Hand haben – zum Beispiel, wenn wir trotz unserer Anstrengung durch Klausuren fallen oder wenn etwas bei der Arbeit unerwartet gründlich schiefgeht. Wir haben es ja tatsächlich nicht einmal in der Hand, dass wir gesund bleiben und jeden Tag zur Uni oder zur Arbeit gehen können. In allen Bereichen unseres Lebens brauchen wir Gottes Hilfe – wir brauchen Gebet. Noch mehr brauchen wir Gottes Hilfe, wenn wir anderen Menschen helfen wollen, wenn wir als Eltern zum Beispiel unseren Kindern dabei helfen wollen, dass sie praktisch und geistlich aufs Leben vorbereitet werden. Wie oft erleben wir dabei, dass wir an unsere Grenzen stoßen. In geistlicher Hinsicht sind wir sowieso auf Gottes Hilfe angewiesen. Damit wir Gott, seine Gnade und seinen Willen wirklich erkennen und begreifen und tatsächlich unter seiner guten Herrschaft leben können, brauchen wir Gebet.

Deshalb ermutigt uns Jesus hier so ausführlich zum Beten. Jesus weiß, dass wenn wir nicht beten, wir ständig in Sorgen leben wegen der (potenziellen) Probleme in unserem Leben, wegen der Probleme im Leben unserer Mitmenschen und wegen der Probleme in unserer Gesellschaft und der Welt, wie Kriegen, Ungerechtigkeit, Umweltverschmutzung usw. Jesus erinnert uns daran, dass Gott unser Vater im Himmel ist, der uns liebt. Er will, dass wir als seine Kinder im Vertrauen auf ihn uns um nichts Sorgen machen und stattdessen von zuerst danach trachten, dass sich sein Reich in unserem Leben, in unseren Mitmenschen und in der Welt ausbreitet. Für unseren Vater, der die Welt regiert und täglich Milliarden von Vögeln versorgt, ist es eine Kleinigkeit, uns zu versorgen. Wenn wir ihn bitten, uns auch bei den größeren, komplexeren und diffizileren Problemen in unserem Leben zu helfen, ist für ihn eine Ehrensache, weil er versprochen hat, unser Gebet zu erhören. Und weil Jesu weiß, wie schwer es uns trotzdem fällt, für alle Dinge zu ihm zu beten, wiederholt er seine Verheißung: „Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan. Denn wer da bittet, der empfängt; und wer da sucht, der findet, und wer da anklopft, dem wird aufgetan.“

Was wird passieren, wenn wir an diese Worte Jesu wirklich glauben und sie zu Herzen nehmen? Wir werden viel mehr beten. Wir werden für alle Dinge beten, anstatt uns über alle Dinge Sorgen zu machen und deswegen chronisch belastet zu sein. Es ist das Privileg der Kinder Gottes, dass wir ohne Sorgen fröhlich für seine Ehre und sein Reich leben können. Wir können praktisch so leben, wenn wir uns im Glauben an Jesus dafür klar entscheiden und für alles beten. Wir können dann lernen, die himmlischen Ressourcen in Anspruch zu nehmen, anstatt nur aus unserer eigenen Kraft zu leben.

In der Bibel finden wir viele Beispiele für Menschen, die zu Gott gebetet und seine himmlische Hilfe erfahren haben. Viele von uns haben letzte Woche auf der Bibelfreizeit gehört, wie Gott das Gebet von Daniel erhört hat und ihm sogar in der Löwengrube beigestanden und die ganze Nacht über den hungrigen Löwen das Maul zugehalten hat, sodass sie ihm überhaupt nichts antaten. Die Israeliten haben in ihrer Geschichte immer wieder Wunder Gottes erfahren, wenn sie auf Gott vertraut und zu ihm gebetet haben. Jesus selbst hat so viele Kranke geheilt, wenn er darum gebeten wurde, und sogar Tote auferweckt. Er hat den heftigen Sturm auf dem See gestillt, als die Jünger am Untergehen waren und um Hilfe schrien. Die meisten von uns haben selbst erlebt, wie Gott auf ihr Gebet reagiert und es erhöht hat, nicht wahr? Wir sollten uns an diese Erfahrungen immer wieder erinnern und Gott dafür immer wieder danken. Dadurch können wir ein dankbares Herz und den Glauben behalten, mit Zuversicht zu beten und weiter erleben, wie Gott unsere Bitten erhört.
Was könnte uns möglicherweise trotzdem noch hindern, mit Zuversicht zu beten? Viele haben schon mal erfahren, dass Gott bestimmte Gebetsanliegen lange Zeit nicht oder „gar nicht“ erhört hat. Manche lassen sich von so einer Erfahrung versuchen, an Gottes Liebe oder an seiner Treue zu zweifeln, sodass sie nicht mit Zuversicht für alle Anliegen beten können. Ich will dazu zwei Gedanken äußern.

Zum einen hat Jesus zwar versprochen, dass Gott unser Gebet erhört, aber er hat nicht gesagt, dass er das immer sofort tut. Wenn wir ein Problem haben, wünschen wir uns natürlich gewöhnlich, dass Gott das Problem sofort beseitigt. Aber manchmal ist es (noch) nicht der richtige Zeitpunkt dafür. Gott liebt uns und hat einen eigenen guten Plan für uns und auch für die Menschen um uns herum. Manchmal kann Gott unsere Bitte nicht gleich erhören, weil er etwa uns oder einem anderen durch dieses Problem geistlich helfen will. Der Eindruck, dass Gott unser Gebet nicht erhört, entsteht besonders dann, wenn wir in so einer Situation aufhören zu beten, weil wir meinen, Gott wollte uns nicht erhören. Ich bin sicher, dass viele Gebete deshalb „unerhört“ bleiben, weil Gottes Kinder frühzeitig aufgehört haben, dafür zu beten. Gott segnet unser Gebet, wenn wir bis zum Ende beten. Gott ist in diesem Punkt nicht gesetzlich; er erhört auch etliche Bitten, obwohl die Beter bereits aufgehört haben, dafür zu beten. Zum Beispiel sind einige Studenten, mit denen wir eine Zeitlang die Bibel studiert und für sie gebetet haben, nicht zum Glauben an Jesus gekommen. Aber manche wurden von Gott später woanders zum Glauben an Jesus geführt, was wir zum Teil gar nicht mitbekommen haben.

Manchmal erhört Gott unser Gebet auch deshalb zunächst nicht, weil er dadurch, dass wir über längere Zeit für das Anliegen beten, in unserem eigenen Herzen wirken, unsere Motive reinigen und unser Vertrauen auf Gott stärken will. Wenn Gott uns immer sofort alles geben würde, worum wir ihn bitten, könnten wir geistlich kaum wachsen und stabil werden.

Manchmal erhört Gott unser Gebet auch nicht so, wie wir bitten, weil das, worum wir ihn bitten, nicht gut für uns ist. Jesus hat seine Verheißung nicht auf bestimmte Anliegen beschränkt; wir dürfen grundlegend für alles beten. Aber weil Gott uns wirklich liebt, gibt er uns bestimmte Dinge nicht, wenn er weiß, dass sie für uns nicht wirklich gut wären. Wenn jemand zum Beispiel für eine sehr gute Note in seiner Klausur oder seiner Prüfung gebetet hat, mag Gott ihn erhören. Es könnte aber auch sein, dass Gott diese Bitte nicht erhört, weil er weiß, dass dieser Student durch diesen Erfolg zu stolz würde. Oder weil Gott weiß, dass er zu wenig gelernt hat und dass er von da an immer zu wenig lernen würde und so kein guter Arzt oder Lehrer werden könnte.

Gott ist unser Vater im Himmel, der uns unendlich liebhat und uns etwas Gutes gibt, wenn wir ihn bitten. Er ist unendlich weise und weiß viel besser als wir, was für uns und für unsere Nächsten gut ist. Deshalb reagiert er auf unser Gebet manchmal anders, als wir es uns vorgestellt haben, unter Umständen auch mit Schweigen. Dass wir den Grund nicht immer verstehen, ist nicht schlimm. Nur sollen wir nicht deswegen an seiner Liebe oder an seiner Verheißung zweifeln. Apostel Paulus war ein Mann, der Gottes Liebe und Gnade in ganz besonderer Weise erlebte und den Gott für sein Rettungswerk wie vielleicht keinen anderen Menschen in der christlichen Geschichte gebraucht hat. Aber dieser Paulus schreibt in seinem 2. Brief an die Korinther über einen Pfahl in seinem Fleisch, unter dem er litt, vermutlich eine schmerzhafte Krankheit. Er hat Gott dreimal angefleht, ihn davon zu befreien. Aber Gott antwortete ihm: „Lass dir an meiner Gnade genügen; denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.“ Paulus nahm Gottes Antwort an, obwohl sie ganz anders ausfiel, als er es erwartet hatte. Dadurch erkannte er, dass Gott das schmerzhafte Problem nicht wegnahm, damit er sich nicht wegen der hohen Offenbarungen, die er von Gott bekommen hatte, überhebt. Er zog eine positive Konsequenz und schrieb: „Darum will ich mich am allerliebsten rühmen meiner Schwachheit, auf dass die Kraft Christi bei mir wohne“ (2. Korinther 12,9). In Paulus Reaktion finden wir ein gutes Beispiel dafür, wie wir damit umgehen sollen, wenn unser Gebet von Gott anders beantwortet wird, als wir es erwartet haben, damit wir das Gute, das Gott uns dadurch geben will, empfangen, und nicht damit anfangen, an seiner Liebe oder an seiner Verheißung zu zweifeln.

Wie hat Jesus seinen Zuhörern klar gemacht, dass Gott denen, die ihn bitten, zwar nicht immer genau das gibt, worum sie gebetet haben, aber immer etwas Gutes? Er sagt in den Versen 9-11: „Oder ist ein Mensch unter euch, der seinem Sohn, wenn er ihn bittet um Brot, einen Stein biete? Oder der ihm, wenn er ihn bittet um einen Fisch, eine Schlange biete? Wenn nun ihr, die ihr doch böse seid, dennoch euren Kindern gute Gaben zu geben wisst, wie viel mehr wird euer Vater im Himmel Gutes geben denen, die ihn bitten!“ Obwohl wir Menschen im Grund unseres Herzens böse sind, geben wir unseren Kindern, wenn sie uns um etwas zu essen bitten, nie einen Stein oder eine Schlange, die für sie schädlich wären. Wenn schon wir als böse Menschen unseren Kindern etwas Gutes geben können, wie viel mehr wird unser liebevoller Vater im Himmel uns etwas Gutes geben, wenn wir ihn bitten! Wenn wir zu Ihm im Glauben beten, ist es sicher, dass er uns immer etwas Gutes gibt – nur dass er das nicht immer sofort tut und nicht immer so, wie wir es uns vorgestellt haben. Gott erhört uns, aber zu seiner besten Zeit und auf seine beste Weise. Möge Gott uns helfen, auf diese Worte Jesu zu vertrauen und für alle Dinge zu unserem Vater im Himmel zu beten, sodass wir auf dem Weg in sein ewiges Reich immer mehr unter seiner Herrschaft leben lernen und seine Hilfe erfahren und in allen Bereichen mit Gutem gesegnet werden!