Predigt: Joh 8,1-11

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So  verdamme  ich  dich  auch  nicht!

„Sie antwortete: Niemand, Herr. Und Jesus sprach: So verdammeich dich auch nicht; geh hin und sündige hinfort nicht mehr.“
(8,11)

 

 

 

Heute betrachten wir einen Text, der vielen bekannt ist. Die Begebenheit, von der hier berichtet wird, ist ziemlich kurz, und dementsprechend hat unser Text auch nur elf Verse. Aber die Worte Jesu in diesem Gespräch sind von unschätzbarer Bedeutung nicht nur für die Personen damals, sondern auch für jeden von uns heute. Denn es geht dabei darum, wie wir uns selbst vor Gott erkennen können und wie Jesus uns von der Sünde und von der Verdammnis rettet. Lasst uns deshalb dieses Gespräch Jesu aufmerksam verfolgen und über die Bedeutung nachdenken! Möge Gott jedem helfen, die Stimme Jesu zu hören und die Bedeutung seiner Worte persönlich zu verstehen!

 

Teil 1: Wer unter euch ohne Sünde ist (1-9a)

 

Wann und wo fand diese Begebenheit statt? Betrachten wir den Text. Es war nach dem Ende des Laubhüttenfests, von dem wir im vorangehenden Kapitel erfahren haben. Nach dem Fest ging jeder heim. Aber Vers 1 berichtet, dass Jesus zum Ölberg ging. Der Ölberg war ein Hügel außerhalb von Jerusalem, auf dem es viele Olivengärten gab. Dort konnte Jesus nach dem anstrengenden Dienst für die Menschen und den oft turbulenten Auseinandersetzungen mit den religiösen Leitern ungestört zum Vater beten und neue Orientierung und Kraft für seine Mission bekommen. Nach dem Lukasevangelium hatte Jesus die Gewohnheit, hinaus an den Ölberg zu gehen (22,39a).

Was tat Jesus am nächsten Tag? Vers 2 berichtet: „Und frühmorgens kam er wieder in den Tempel, und alles Volk kam zu ihm, und er setzte sich und lehrte sie.“ Jesus ging schon frühmorgens wieder in den Tempel, um das Volk die Worte Gottes zu lehren. Nach seiner Teilnahme am Laubhüttenfest und seinem öffentlichen Auftreten am letzten Tag des Festes hätte Jesus denken können, dass er eine Pause verdient hätte. Aber wenn Jesus an die Lage der Menschen dachte, die ohne die Wahrheit zu kennen in Unwissenheit ewig verloren gehen würden, konnte er nicht an sich selbst denken. Vielmehr betete Jesus mit brennendem Hirtenherzen für sie zum Vater und ging frühmorgens gestärkt zum Tempel, um die Menschen weiter zu lehren. Hier sehen wir, wie treu Jesus seine Mission erfüllte!

Und tatsächlich kam alles Volk zu ihm. Warum kam das ganze Volk schon frühmorgens in den Tempel, um Jesus zu hören? Eigentlich schlafen die meisten Menschen nach einer Feier am nächsten Tag gerne aus. Die Menschen hatten gerade eine Woche lang das Laubhüttenfest gefeiert. Wie wir gehört haben, war das Laubhüttenfest das beliebteste der jüdischen Jahresfeste, bei dem man fröhlich feierte. Dabei gab es eindrucksvolle und bedeutungsvolle Zeremonien, wie zum Beispiel die Ausgießung des Wassers am Altar und die feierliche Beleuchtung des Tempels. Aber selbst das fröhlichste Fest und die schönsten Zeremonien konnten den geistlichen Durst im Herzen der Menschen nicht stillen. Als sie am nächsten Morgen aufwachten, fühlten sie sich innerlich immer noch leer und geistlich durstig. Aber sie hatten am Vortag die freundliche Einladung Jesu gehört: „Wen da dürstet, der komme zu mir und trinke! Wer an mich glaubt, wie die Schrift sagt, von dessen Leib werden Ströme lebendigen Wassers fließen“ (7.37.38). Sie sehnten sich danach, von dem lebendigen Wasser Jesu zu trinken. Also kamen sie frühmorgens in den Tempel, um Jesus zu hören.

Wie diente Jesus den geistlich durstigen Menschen? Vers 2b sagt schlicht: „… und er setzte sich und lehrte sie.“ Jesus lehrte die geistlich durstigen Menschen das Wort. Jesus glaubte, dass die Menschen am meisten das Wort benötigen, weil sein Wort den Menschen das ewige Leben gibt. Darüber hat Jesus im Kap. 5 gesagt: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, der hat das ewige Leben und kommt nicht in das Gericht, sondern er ist vom Tode zum Leben hindurchgedrungen. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Es kommt die Stunde und ist schon jetzt, dass die Toten hören werden die Stimme des Sohnes Gottes, und die sie hören werden, die werden leben“ (5,24.25). Jesus lehrte die Menschen fleißig und bei jeder Gelegenheit das Wort, damit sie das Leben bekommen können. Wir sollen von Jesus lernen, der seine Mission, das Wort Gottes zu lehren, wirklich treu erfüllt hat.

Doch an diesem Morgen wurde Jesu Lehre von einer Gruppe von Menschen gestört. Betrachten wir die Verse 3-5: „Aber die Schriftgelehrten und Pharisäer brachten eine Frau, beim Ehebruch ergriffen, und stellten sie in die Mitte und sprachen zu ihm: Meister, diese Frau ist auf frischer Tat beim Ehebruch ergriffen worden. Mose aber hat uns im Gesetz geboten, solche Frauen zu steinigen. Was sagst du?“ Auch die Schriftgelehrten und Pharisäer waren an diesem Morgen früh aufgestanden und aktiv geworden. Aber nicht, um das Volk mit dem Wort Gottes geistlich zu erbauen. Vielmehr brachten sie eine Frau zu Jesus, die sie „auf frischer Tat beim Ehebruch ergriffen“ hatten. Wir wissen nicht, wie es dazu gekommen war, dass sie am frühen Morgen diese Frau gefunden hatten; aber der ganze Zusammenhang legt nahe, dass es nicht zufällig passiert ist, sondern eher durch eine gezielte Aktion.

Warum brachten sie diese Frau zu Jesus? Betrachten wir noch einmal die Verse 4 und 5. Sie klagten vor Jesus die Frau des Ehebruchs an. Sie verwiesen dabei darauf, dass das Gesetz von Mose für die Sünde des Ehebruchs als Strafe die Steinigung vorsieht. Hier können wir erfahren, welche Einstellung sie gegenüber Gottes Gesetz hatten. Eigentlich gab Gott den Menschen sein Gesetz, damit jeder den heiligen Willen Gottes erkennen und sein Leben danach ausrichten kann. Aber sie gebrauchten das Gesetz dazu, die Sünden anderer Menschen herauszufinden und sie zu kritisieren und zu verdammen.

Ihre Worte machen auch klar, was für eine Einstellung sie gegenüber der Frau hatten. Eigentlich sollten sie Hirten für ihr Volk sein und den Menschen mit dem Hirtenherzen Gottes geistlich helfen. Trotz der Sünde der Frau sollten sie sie mit Gottes zerbrochenem Herzen betrachten. Aber stattdessen klagten sie die Frau nur an und zitierten erbarmungslos das entsprechende Gesetz und das Strafmaß, das dafür dort genannt wird. In ihren Herzen hatten sie die Frau also bereits verurteilt und zur Steinigung verdammt.

Ihre erbarmungslose Haltung gegenüber der Frau ist erschreckend. Doch Vers 6a zeigt, dass ihre Einstellung in Wirklichkeit noch schlimmer war. Denn dort heißt es über ihre Motivation: „Das sagten sie aber, ihn zu versuchen, damit sie ihn verklagen könnten.“ Ihr Motiv für die ganze Aktion war, dass sie Jesus anklagen wollten. Sie hatten also überhaupt kein Interesse am Leben dieser Frau. Sie war für sie lediglich ein Köder, mit dem sie Jesus in eine Falle locken wollten, um ihn daraufhin verurteilen und töten zu können. Alles, was ihnen bei der Verwirklichung ihrer bösen Absicht helfen konnte, war für sie ein willkommenes Mittel, selbst das Gesetz Gottes, sogar das Leben einer Frau. Sie traten hier auf wie fromme Männer, deren höchstes Interesse in der Einhaltung von Gottes Gesetz liegt. Aber in Wirklichkeit waren sie voll von richtenden Gedanken und Mordabsichten.

 

Inwiefern war ihre Frage wirklich eine Falle für Jesus? Ihre Frage ließ Jesus eigentlich nur zwei Möglichkeiten zu antworten, nämlich der Steinigung der Frau zuzustimmen oder sie in Schutz zu nehmen. Bisher hatte Jesus durch unzählige Taten seine Barmherzigkeit mit den Menschen gezeigt. Wenn Jesus nun hier der Steinigung der Frau zustimmen würden, könnten sie ihn als jemanden darstellen, der seinen eigenen Prinzipien nicht treu ist. Wenn Jesus aber die Frau in Schutz nehmen würde, könnten sie ihn anklagen, gegen das Gesetz des Mose verstoßen zu haben. Sie brachten Jesus in Bedrängnis.

 

Doch was tat Jesus? Vers 6b sagt: „Aber Jesus bückte sich und schrieb mit dem Finger auf die Erde.“ Eigentlich nahm Jesus alle Menschen an, die zu ihm kamen, und antwortete in irgendeiner Form auf ihr Anliegen. Aber als hier die religiösen Leiter voll von richtenden verdammenden Gedanken und Tötungsabsichten zu Jesus kamen, reagierte Jesus zunächst gar nicht. Dadurch signalisierte Jesus ihnen, dass ihre Absicht nicht akzeptabel war, und gab ihnen eine Gelegenheit, ihre böse Absicht zu überdenken und zu ändern.

Aber das passierte leider nicht. Vers 7a berichtet, dass sie nicht aufhörten, Jesus nach seinem Urteil zu fragen. Was sagte Jesus schließlich? Lesen wir gemeinsam den Vers 7: „Als sie nun fortfuhren, ihn zu fragen, richtete er sich auf und sprach zu ihnen: Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie. Und er bückte sich wieder und schrieb auf die Erde.“Jesu Antwort auf ihre Frage war sehr unerwartet und sie war voll von göttlicher Wahrheit und Weisheit. Wir wollen darüber in zwei Punkten nachdenken.

Zum einen bestätigt Jesus die Gültigkeit des Gesetzes. Jesus sagte mit seiner Aufforderung, dass derjenige, der ohne Sünde wäre, den ersten Stein auf die Frau werfen sollte, dass ihre Sünde des Ehebruchs als Strafe den Tod verdiente. Damit bestätigte Jesus die Gültigkeit von Gottes Gesetz. Viele Menschen missverstehen Jesu Barmherzigkeit. Weil Jesus barmherzig gegenüber den sündigen Menschen war, meinen viele, in Jesu Augen wäre Sünde nicht so schlimm. Manche gehen noch weiter und denken, dass mit dem Kommen Jesu das Gesetz außer Kraft getreten sei. Aber das ist nicht wahr. Jesus hat Sünde nie verharmlost oder beschönigt.  Und Jesus hat das Gesetz nie für ungültig erklärt, sondern hat es ausdrücklich als gültig bestätigt. In der Bergpredigt sagt Jesus über seine Stellung zum Gesetz: „Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen; ich bin nicht gekommen aufzulösen, sondern zu erfüllen. Denn wahrlich, ich sage euch: Bis Himmel und Erde vergehen, wird nicht vergehen der kleinste Buchstabe noch ein Tüpfelchen vom Gesetz, bis es alles geschieht“ (Mt 5,17.18).

Zum zweiten lehrt Jesus hier den richtigen Umgang mit dem Gesetz. Die religiösen Leiter gebrauchten das Gesetz vor allem dazu, andere zu kritisieren und zu verurteilen. Sie zitierten auch hier das Gesetz, um die Frau zu verdammen, und wenn Jesus sich dem entgegen stellen und die Frau in Schutz nehmen würde, wollten sie ihn selbst im Namen des Gesetzes beschuldigen und verdammen. Aber indem Jesus sagte: „Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie“, lehrte Jesus, dass das Gesetz für alle Menschen gilt. Jesus forderte sie dadurch dazu auf, das Gesetz auf sich selbst anzuwenden und im Licht des Gesetzes sich selbst zu erkennen. Denn Jesus wusste, dass sie vor dem Gesetz alle Sünder waren; der einzige Unterschied war, dass die Sünde der Frau offensichtlich war, während die Sünde der religiösen Leiter weitgehend verborgen war. Jesus wollte, dass sie das Gesetz auf sich selbst anwenden und sich selbst vor Gott erkennen sollten. Dies war der erste und unerlässliche Schritt dazu, dass sie zu Gott umkehren und von ihm verändert werden könnten.

 

Hier können wir lernen, was für ein ernstes Problem es ist, wenn man das Wort Gottes nicht auf sich selbst anwendet. Die religiösen Leiter hatten umfangreiche Kenntnisse über die Schrift. Aber sie gebrauchten sie nur, um die anderen zu kritisieren und zu verurteilten, und versäumten es, das Gesetz Gottes auf sich selbst anzuwenden. Da sie sich nicht ernsthaft mit dem Maßstab Gottes betrachteten, sondern sich bloß mit den anderen Menschen verglichen, waren sie geistlich blind für ihre eigene Realität und daher furchtbar stolz und voller Selbstgerechtigkeit.

Was für einen Unterschied es macht, ob man das Gesetz Gottes auf sich selbst anwendet oder nicht, können wir gut an dem Beispiel von Paulus sehen. Als er sich hauptsächlich mit den anderen Menschen verglich, war er voll von Selbstgerechtigkeit und blindem religiösem Eifer; in seiner geistlichen Blindheit verfolgte er sogar die Christen. Doch in Römer Kap. 7 beschreibt er seine Erfahrung, als er das Gesetz auf sich selbst anwandte und sich selbst in seinem Licht betrachtete. Da erkannte er, wie sündig er war. Dies war eine nötige Voraussetzung dafür, dass er die Gnade Gottes in Jesus Christus wirklich erkennen und annehmen konnte. Das gilt auch für uns. Solange wir uns selbst nicht vor dem Wort Gottes erkannt haben, wissen wir nicht, wer wir wirklich sind. Wir leben in einer gewaltigen Einbildung über uns selbst und kritisieren offen oder in unseren Gedanken die anderen Menschen nah und fern. Wie leicht sehen wir dann den Splitter im Auge des Bruders, ohne unsere eigene Sünde wahrzunehmen. Das Hegen kritischer und richtender Gedanken ist ein ernstes Problem; denn es belastet zum einen die anderen und behindert sie bei ihrem Wachstum. Zum anderen behindert es auch unser eigenes geistliches Leben und kann es leicht lähmen. Darum ermahnt Jesus uns, dass wir andere nicht richten sollen. Wenn wir oft kritische, richtende Gedanken über andere hegen, ist es ein Zeichen dafür, dass wir es dringend nötig haben, uns selbst neu vor Gott zu erkennen. Das ist der erste Schritt dafür, seine Gnade zu empfangen und von ihm erneuert zu werden.

Wie reagierten die religiösen Leiter? Betrachten wir Vers 9a. Als sie das Wort Jesu hörten, zwang das Wort Jesu sie dazu, sich selbst vor Gott zu betrachten. Weil sie die Gesetze sehr gut kannten, müssen sie in kürzester Zeit die verschiedensten Sünden bei sich erkannt haben wie Neid, Hass, Unbarmherzigkeit, Ehebruch und auch ihre Mordgedanken. Wie unangenehm und beschämend war es! Sie konnten die Situation  nicht mehr aushalten. Weil Jesu Wort so klar die Wahrheit aufdeckte, konnte keiner es wagen, an die Steinigung auch nur noch ernsthaft zu denken. So gingen sie einer nach dem anderen weg, die Ältesten zuerst. Auf diese Weise half Jesus ihnen, sich zumindest kurzfristig in Richtung Selbsterkenntnis zu bewegen. Gleichzeitig schützte Jesus durch sein Wort die Frau vor der Bestrafung durch die selbstgerechten Pharisäer.

Wie wichtig ist es, dass wir uns selbst vor Gottes Wort erkennen, damit wir nicht wie diese Menschen werden. Es ist unerlässlich dafür, dass wir das Wort Gottes in Ruhe hören und auf uns selbst beziehen. Wenn wir zu einem Text unsere persönliche Stellungnahme schreiben, schenkt uns das eine goldene Gelegenheit, uns selbst vor Gott zu erkennen. Möge Gott jedem von uns helfen, Gottes Wort auf sich selbst zu beziehen und uns dadurch stets bewusst zu sein, wer wir vor Gott sind!

Teil 2: Geh hin und sündige hinfort nicht mehr (9b-11)

Als die Pharisäer und Schriftgelehrten einer nach dem anderen weggingen, entstand eine völlig neue Situation. Denn als alle weggegangen waren, blieb Jesus allein mit der Frau, die in der Mitte stand (9b). Sie stand nun vor dem einzig gerechten und wahren Richter, dem Gott selbst die Vollmacht gegeben hat, das Gericht zu halten, weil er der Menschensohn ist (5,27). Wie angespannt sind Angeklagte vor einem menschlichen Gericht, bevor der Richter sein Urteil bekannt gibt, obwohl sie meistens noch die Möglichkeit haben, gegen das Urteil Berufung einzulegen und vor einem höheren Gericht in Revision zu gehen. Aber das Urteil des von Gott eingesetzten Richters über alle Menschen würde gültig sein, und niemand konnte ihm widersprechen. Die Frau wusste, dass sie wegen ihrer Sünde des Ehebruchs den Tod verdient hatte. Sie wagte es nicht, Jesus anzuschauen. Sie wagte es kaum zu atmen. Was sagte Jesus? Betrachten wir die Verse 10: „Jesus aber richtete sich auf und fragte sie: Wo sind sie, Frau? Hat dich niemand verdammt?“ Jesus wies sie darauf hin, dass alle ihre Ankläger weggegangen waren und niemand sie verdammt hatte. Denn tatsächlich hatte kein Mensch das Recht, sie zu verdammen, nur allein der wahre Richter. Doch nun stand sie gerade vor diesem heiligen Richter. Wie würde sein Urteil ausfallen?

Betrachten wir Vers 11a: „Sie antwortete: Niemand, Herr.“ Sie nannte Jesus „Herr“ und bekannte, dass niemand sie verdammt hatte. Dadurch gab sie zu, dass sie es wegen ihrer Sünde die Verdammnis verdient hatte und ganz der Souveränität Jesu unterstand.

Wie lautete Jesu Urteil über sie? Betrachten wir Vers 11b: „Und Jesus sprach: So verdamme ich dich auch nicht; geh hin und sündige hinfort nicht mehr.“ Jesus sprach hier als der höchste Richter. Er verkündete das verbindliche Urteil, das niemand anfechten oder widerrufen konnte. Und sein Urteil lautete: „So verdamme ich dich auch nicht.“ Freispruch! Jesus sprach sie von aller Schuld frei! Wie unfassbar war das! Noch vor 2 Minuten musste sie davon ausgehen, dass sie durch die mit Hass erfüllten religiösen Leiter gesteinigt würde, da niemand auf ihrer Seite stand. Auch vor dem heiligen Jesus, der immer nach der Wahrheit redete und handelte, musste sie mit der gerechten Strafe für ihre offenkundige Sünde rechnen. Aber durch die Gnade, die Jesus ihr zusprach, wurde das unausweichliche Schicksal von ihr abgewendet. Jesus sprach sie frei! Wie unendlich erleichtert und überglücklich muss sie gewesen sein! Jesus hatte sie gerettet.

Dieses Ereignis zeigt, wie Jesus auch mit uns und allen Menschen umgehen will, die mit ihren Sünden vor ihm stehen. So wie Jesus dieser Frau unverdienterweise die Sünde vergeben und sie von ihrer Schuld freigesprochen hat, spricht Jesus jeden von der Verdammnis frei, der als Sünder zu ihm kommt und vor ihm steht. Bereits in Kap. 3 hat Jesus gesagt: „Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, dass er die Welt richte, sondern dass die Welt durch ihn gerettet werde“ (3,17).

Doch auf welcher Grundlage konnte Jesus sie für gerecht erklären, obwohl die Frau Gottes Gesetz tatsächlich gebrochen und so gegen Gott gesündigt hatte? Wie ist es möglich, dass Jesus auch dir und mir alle Sünden vergibt? Es ist möglich, weil Jesus die Sünde aller Menschen auf sich genommen und die Strafe dafür getragen hat. Galater 3,13 sagt: Christus aber hat uns erlöst von dem Fluch des Gesetzes, da er zum Fluch wurde für uns; denn es steht geschrieben: Verflucht ist jeder, der am Holz hängt.“ Das Gesetz ist wie ein Fluch für uns geworden, weil wir Menschen so sündig sind, dass das Gesetz jeden als Sünder verurteilt. Eigentlich kann niemand diesem Schicksal entrinnen. Aber Jesus nahm all unsere Schuld auf sich und trug sie an das Holz des Kreuzes. Durch sein Leiden und seinen Tod an unserer Stelle nahm er den Fluch auf sich und machte uns frei von all unserer Schuld und Verdammnis. Dadurch ermöglicht er uns ein ganz neues Leben, in dem wir frei von aller Verdammnis Gottes und daher auch frei von dem Urteil anderer Menschen und frei von aller Selbstverdammnis sein können. Daher heißt es in Römer 8,1: „So gibt es nun keine Verdammnis für die, die in Christus Jesus sind.“ Jesus rettet uns von aller Verdammnis. Durch seine Gnade schenkt Er uns ein wirklich neues Leben, ein neues Leben mit ihm in Ewigkeit.

Doch wie soll man dieses Leben führen? Betrachten wir noch einmal Vers 11. Jesus sprach die Frau nicht nur von der Verdammnis frei, sondern gab ihr auch eine neue Orientierung. Jesus sagte zu ihr: „geh hin und sündige hinfort nicht mehr.“ Jesus hatte ihr ihre Sünde bedingungslos vergeben und ihr dadurch ein neues Leben frei von der Verdammnis geschenkt. Jesus wollte, dass sie dieses neue Leben nicht wieder in der Sünde führen würde. Sie sollte nicht mehr für sich selbst leben und ihren Begierden dienen, sondern Gott. Sie sollte nicht mehr bei einem anderen Mann Freude suchen, sondern sollte mit Jesus leben und durch die Beziehung zu ihm wahres Glück und Erfüllung finden. Einfach gesagt sollte sie so leben, dass ihr neues Leben Gott verherrlicht und seinem Willen dient.

Das gilt auch für uns. Jesus schenkt uns die Gnade der Sündenvergebung, um uns vom Leben unter der Sünde und Schuld zu befreien und uns von der ewigen Verdammnis zu retten. Jesus will, dass wir unser neues Leben nicht mehr dafür gebrauchen, der Sünde zu dienen, sondern dass wir ihm dienen und so Gott verherrlichen. Denn die Tatsache, dass uns die Vergebung der Sünden von Jesus als Gnade kostenlos gegeben wurde, bedeutet nicht, dass sie billig war. Vielmehr  ist sie unendlich kostbar, weil Jesus dafür den höchsten Preis bezahlt hat, indem er sich selbst für uns am Kreuz hingab; sie ist auch kostbar, weil sie uns das Leben schenkt. Darum müssen wir diese Gnade immer für kostbar halten und uns dementsprechend darum bemühen, unser Leben nicht wie früher in der Sünde zu führen, sondern so, dass es Gott ehrt. Wir dürfen die Gnade nicht missbrauchen, indem wir uns leichtfertig auf Sünde einlassen mit dem Gedanken, dass Gott uns wegen der Gnade ja wieder vergeben würde. Wir sollen also ein neues Leben führen, das Gott gefällt und ihn ehrt!

Doch wie können wir nicht mehr sündigen, sondern ein neues Leben führen? Unser Text bis Vers 11 gibt darauf direkt keine Antwort. Aber gleich im nächsten Vers, dem Vers 12, können wir die Antwort finden. Denn dort sagt Jesus: „Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.“ Wir sollen Jesus nachfolgen, nach seinem Vorbild und in der Gemeinschaft mit ihm aktiv für Gottes Ehre und sein Reich leben. Wenn wir das gezielt tun, werden wir nicht mehr in die alten dunklen Sünden zurückzufallen, sondern können in seinem Licht zur Ehre Gottes leben.

Lesen wir zum Schluss nochmals das Leitwort: „Sie antwortete: Niemand, Herr. Und Jesus sprach: So verdamme ich dich auch nicht; geh hin und sündige hinfort nicht mehr.“ Heute haben wir gelernt, dass es wichtig ist, dass wir das Wort Gottes auf uns selbst beziehen und uns in seinem Licht vor Gott immer neu erkennen. Dies bewahrt uns davor, in geistlicher Blindheit andere zu kritisieren und zu verurteilen, und ist der erste Schritt zu einer richtigen Beziehung zu Gott. Vor allem haben wir erfahren, dass Jesus uns aus seiner einseitigen Gnade alle unsere Sünden bedingungslos vergibt, damit wir ein neues Leben für Gottes Ehre führen und in Ewigkeit mit ihm Gemeinschaft haben können. Möge Gott jedem von uns helfen, sich vor seinem Wort selbst zu erkennen und seine rettende Gnade (neu) anzunehmen!

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