Predigt: Apostelgeschichte 11,19-12,25

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Die Gemeinde betete ohne Aufhören

„So wurde nun Petrus im Gefängnis festgehalten; aber die Gemeinde betete ohne Aufhören für ihn zu Gott.“

(Apostelgeschichte 12,5)

Die Apostelgeschichte ist ein Bericht. Im Kapitel 1,8 zeigt sich, wie das Buch aufgebaut ist: „… aber ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch kommen wird, und werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an das Ende der Erde.“ Das Buch bzw. der Bericht kann nach Ortsangaben gegliedert werden. Die Kapitel 1–7 über das Zeugnis in Jerusalem, die Kapitel 8–12 über das Zeugnis in Judäa und Samarien und ab Kapitel 13–28 über das Zeugnis, das bis ans Ende der Erde kommt. In den Kapiteln 1–12 spielt Petrus eine wichtige Rolle, er ist sozusagen wie eine Hauptperson, ab Kapitel 13 ist es Paulus. Aber natürlich ist die Hauptperson der Apostelgeschichte der Heilige Geist.
Letzte Woche stellte uns H. drei interessante Zonen vor: Die Komfortzone, die Wachstumszone und die Panikzone. Wenn die Komfortzone und die Wachstumszone verlassen werden, wird die Panikzone erreicht. Die Panikzone ist für jeden völlig neu und ungewohnt. Für die Gemeinde in Jerusalem bzw. Petrus war es gerade die Panikzone, die Heiden in die Gemeinschaft aufzunehmen. Daher hat H. für seine Predigt den Titel angegeben: „Grenzen überwinden“. Für die Juden war es völlig neu und fast unmöglich, die Heiden in ihre Gemeinschaft aufzunehmen. Aber durch die Hilfe des Heiligen Geistes wurde diese Grenze überwunden – zuerst bei Petrus, danach in der Jerusalemer Gemeinde.
Wie Jesus vorausgesagt hatte, erweitert sich das Gebiet, in denen das Evangelium von Jesus Christus bezeugt wurde. Als die Zahl der Jünger in Jerusalem zunahm, nahm auch die Verfolgung zu. Stephanus wurde gesteinigt und abgesehen von den Aposteln zerstreuten sich alle in die Orte Judäas und Samariens. So ging die Verheißung Jesu in Erfüllung: das Evangelium von Jesus Christus erreichte Judäa und Samarien.
Diejenigen, die wegen der Verfolgung zerstreut waren, gingen bis nach Phönizien und Zypern und Antiochia. So kamen die Jünger, die an das Evangelium glaubten, über die Grenzen Israels in die benachbarten Länder. Die zerstreuten Jünger verkündigten die Botschaft von Jesus zuerst nur den Juden. Aber es gab Männer, die aus Zypern und Kyrene nach Antiochia kamen, die auch zu den griechisch­sprechenden Heiden das Evangelium verkündigten. Dadurch wurde wieder die Grenze des Judentums überschritten. Die Hand des Herrn war mit ihnen, und viele wurden gläubig. So entstand eine Gemeinde in Antiochia, die sowohl aus Juden als auch aus Nichtjuden bestand.
Als die Gemeinde in Jerusalem erfuhr, dass eine Gemeinde in Antiochia entstanden war, wurde Barnabas gesandt. Als er dort ankam, erkannte er das Wirken der Gnade Gottes. Er war in der Lage, ohne Vorurteil Gottes Werk zu erkennen. Darum ging er nach Tarsus, um Saulus bzw. Paulus zu suchen. Als er ihn fand, brachte er ihn nach Antiochia. Barnabas und Saulus blieben dort und lehrten viele. Dort in Antiochia wurden die Jünger zum ersten Mal Christen genannt. Angefangen in Jerusalem bis weit außerhalb von Israel – in Antiochia – entstanden Gemeinden. Somit breitete sich das Christentum aus. Als die Gemeinde in Antiochia durch die Zusammenarbeit von Barnabas und Saulus weiter wuchs, kamen einige Propheten von Jerusalem. Einer von ihnen war Agabus. Er sagte durch den Heiligen Geist eine große Hungernot voraus. Als die Jünger in Antiochia davon erfuhren, beschlossen sie den Brüdern in Judäa, eine Unterstützung zukommen zu lassen. Barnabas und Saulus brachten ihre Spende nach Jerusalem. Im Kapitel 12,25 lesen wir, dass Barnabas und Saulus in Jerusalem die Gabe überbracht hatten. Danach kehrten sie nach Antiochia zurück.
Aber es gibt noch eine andere Geschichte im Kapitel 12, die uns wie eine Exkursion vorkommt. Es sind die Berichte über den Tod des Jakobus, die Befreiung des Petrus, und über den Tod des Herodes Agrippa. Bis jetzt haben wir den Ablauf der Apostelgeschichte verfolgt, wie die Menschen angefangen in Jerusalem bis nach Antiochia zum Glauben an Jesus Christus kamen. Schließlich stellten wir fest, dass das Evangelium nicht nur für die Juden, sondern auch für die Heiden bestimmt ist. Bis die Apostel diese Wahrheit akzeptierten, mussten sie die Grenzen des Judentums überwinden. Als diese Grenze überschritten wurde, entstand die erste Gemeinde außerhalb von Israel, nämlich in Antiochia. Nun könnte der Fokus auf die Gemeinde in Antiochia gerichtet werden. Bevor der Verfasser Lukas mit dem Bericht über die Missionsgemeinde im Kapitel 13 fortfährt, hat er in Kapitel 12 noch etwas über die Gemeinde in Jerusalem bzw. über Petrus zu berichten. Als die Gemeinde in Jerusalem entstand, begaben sich die Gläubigen in einer Komfortzone. Darüber hinaus erlebten sie sowohl zahlenmäßig als auch räumlich die Wachstumszone. Als sie die Heiden als ihre Brüder akzeptieren sollten, überwanden sie ihre Grenzen des Judentums. Aber damit beendet der Verfasser den Bericht über sie nicht. Im Weiteren überraschte sie die Panikzone. Als erstes verfolgte der König Herodes die Gemeinde. Einer der Zwölf, Jakobus, wurde mit dem Schwert getötet d. h. enthauptet. Jakobus war einer der 3 Spitzenjünger, wie Petrus und Johannes. Für die Gemeinde in Jerusalem war es ein schockierendes Ereignis, dass einer der Spitzenjünger getötet wurde. Das war aber nicht das Ende. Als Herodes sah, dass die Tötung von Jakobus den Juden gefallen hatte, fuhr er fort und nahm auch Petrus gefangen. Zusätzlich wird im Kapitel 11,29 durch Agabus eine große Hungernot vorausgesagt. Die Gemeinde, in der keiner unter den Gläubigen Mangel gehabt hatte, war von der Hungersnot bedroht. Hier und dort in den Häusern hatten sie das Brot gebrochen, aber nun war die Zeit der Komfortzone vorbei. Stattdessen wurde die Gemeinde in Jerusalem immer wieder mit der harten Realität konfrontiert.
Während Petrus im Gefängnis war, betete die Gemeinde ohne Aufhören für ihn zu Gott. Petrus wurde von 16 Soldaten bewacht. König Herodes ließ Petrus im höchsten Maße bewachen. Für seine politischen Ziele wollte er sicher auch Petrus töten lassen, wie er es mit Jakobus getan hatte. Aber zu seiner Überraschung wurde Petrus aus dem Gefängnis befreit. Der Engel des Herrn kam ins Gefängnis und weckte Petrus auf. Es geschah etwas Wunderbares. Während Petrus frei das Gefängnis verlassen konnte, merkte es keiner der Soldaten. Was noch bemerkenswert ist: Petrus sollte seinen Gürtel, seine Schuhe und seinen Mantel mitnehmen. Es sollte eigentlich alles schnell geschehen, wenn Petrus aus dem Gefängnis flieht. Aber inmitten der Eile durfte Petrus seine praktischen Sachen mitnehmen. Petrus dachte, dass er eine Erscheinung sehen würde. Seine Hände wurden von den Ketten befreit. Als er vor dem Eingangstor des Gefängnisses stand, öffnete es sich von selbst. Schließlich erkannte Petrus, dass alles kein Traum war, sondern dass der Herr seinen Engel gesandt hatte, um ihn aus der Hand des Herodes zu befreien.
Nach der Befreiung ging er sofort zum Haus Marias, der Mutter des Johannes mit dem Beinamen Markus. Dort waren viele beieinander und beteten. Als Petrus an die Haustür klopfte, kam eine Magd mit Namen Rhode. Als sie die Stimme des Petrus erkannte, tat sie die Tür nicht auf, sondern lief hinein und verkündete den Versammelten, Petrus stünde vor der Tür. Aber diese sagten: Du bist von Sinnen. Doch sie bestand darauf. Dennoch glaubten sie auch nicht und sagten: Es ist Petrus Engel. Petrus klopfte weiter an.
Als sie Petrus tatsächlich sahen, entsetzten sie sich. Petrus gab ihnen ein Zeichen mit der Hand, dass sie nicht laut schreien, sondern ruhig sein sollten. Nun erzählte Petrus ihnen, wie ihn der Herr aus dem Gefängnis geführt hatte. Dann gab er ihnen den Auftrag, dies alles Jakobus, dem Bruder Jesu, und den anderen Aposteln weiterzusagen. Danach ging er weg, um sich in Sicherheit zu bringen. Als Herodes erfuhr, dass Petrus aus dem Gefängnis entkam, ließ er die Soldaten hinrichten, die Petrus bewacht hatten.
Herodes verließ Judäa und kam nach Cäsarea. Weil er reich war, waren die Einwohner von Sidon und Tyrus auf seine Nahrungsversorgung angewiesen, deshalb versuchten sie mit ihm eine gute Beziehung aufzubauen. Als Herodes eines Tages vor ihnen eine Rede hielt, lobten sie ihn: „Das ist Gottes Stimme und nicht die eines Menschen!“ An diesem Tag wurde Herodes vom Engel des Herrn geschlagen, weil er Gott nicht die Ehre gab. Herodes, der Jakobus getötet hatte und es bei Petrus beinahe geschafft hatte, wurde selbst getötet. Er hatte viele Soldaten und war reich. Als er seine Macht ausübte, wurde die Gemeinde in Jerusalem wie eine Laterne im starken Wind vom Verlöschen bedroht. Während Herodes in vieler Hinsicht stark war, war die Gemeinde in Jerusalem hingegen ganz schwach. Als er den Apostel Jakobus töten ließ, konnte die Gemeinde nichts dagegen unternehmen. Obwohl Petrus ins Gefängnis geworfen wurde, konnte ihn niemand retten. Außerdem wurde die Gemeinde von einer großen Hungersnot bedroht.
Hier möchte ich nun folgende Frage stellen: Warum berichtet Lukas wieder über die Gemeinde in Jerusalem? Die Gemeinde in Jerusalem ist nicht nur die Gemeinde, die als erstes entstanden ist, sondern sie hat auch einen Vorbildcharakter für die Gemeinden, die weiter entstehen werden. Zwar ist eine Gemeinde in Antiochia entstanden. Diese Gemeinde wird ab Kapitel 13 eine wichtige Rolle spielen, weil von dort die Missionare zur Weltmission ausgesandt werden. Dennoch verliert die Gemeinde in Jerusalem ihre wichtige Funktion nicht. Die Gemeinde in Jerusalem ist wie die Wurzel eines Baumes. Äußerlich gesehen blieben sehr wenige Menschen in der Gemeinde, weil viele durch die Verfolgung zerstreut wurden. Jakobus wurde getötet und Petrus war im Gefängnis und nach der Befreiung brachte er sich in Sicherheit, so dass er als Leiter nicht mehr in Jerusalem bei den Brüdern sein konnte. Aber der Verfasser Lukas berichtet, was der Herr inmitten der Verfolgung bei den Jüngern getan hat. Die Gemeinde in Jerusalem konnte nichts tun als zu beten. Ihr Beten zeigt, dass sie völlig auf Gottes Hilfe angewiesen waren. Wie Jesus gesagt hat, waren sie wie Lämmer mitten unter den Wölfen. Einerseits hat die Gemeinde den Tod des Spitzenjüngers Jakobus erlebt, aber anderseits haben sie auch erlebt, dass Petrus auf eine wunderbare Weise aus dem Gefängnis befreit wurde. Darüber hinaus erfuhren sie, dass Herodes, der die Gemeinde stark bedrohte, plötzlich starb. Was Lukas uns berichtet, zeigt, dass die Gemeinde in Jerusalem nicht wusste, was sie angesichts der Verfolgung tun könnte. Aber sie konnten eins tun, nämlich beten. Sie wussten aber nicht, was der Herr tun würde, wenn sie beten. Interessanterweise glaubten sie nicht, als Petrus tatsächlich durch die Hilfe Gottes aus dem Gefängnis befreit wurde. Obwohl sie für Petrus beteten, glaubten sie in der Tat nicht, als Gott ihr Gebet erhörte. Die Gemeinde in Jerusalem zeigt uns, wohin der Herr uns, die Gemeinde, führen will; nämlich in die Panikzone, wo wir völlig auf die Hilfe Gottes angewiesen sind. Solange wir noch Geld in der Tasche haben, vertrauen wir darauf, aber wenn es uns nicht mehr zur Verfügung steht, können wir nur eines tun, nämlich auf Gott vertrauen. Wie Herodes sieht die Macht der Welt bzw. der Sünde stark aus. Wir schwache Menschen können nur eines tun, auf Gott zu vertrauen. Wenn wir nichts tun können, können wir auf Gott vertrauen und zu ihm beten. Findest du, dass du dich gerade in der Panikzone befindest? Dann folge dem Beispiel der Gemeinde in Jerusalem. Ohne aufzuhören haben sie zu Gott gebetet. Was ist für dich „Herodes“, der deinen Glauben zu erlöschen versucht? Was auch immer dich bedrohen mag, kannst du eines tun: Nämlich ohne Aufhören zu beten. Der Herr weiß, dass wir ohne seine Hilfe nichts tun können. Wir können auch überrascht werden, wenn der Herr unser Gebet unerwartet erhört. Unser „Herodes“ wird plötzlich verschwinden. Gott, der Wunder tut, ist unser Gott. Er will uns begleiten, bis das Evangelium bis ans Ende der Welt verkündigt wird. Wir sind schwach, aber der Herr tut sein Wunder. Darum können wir auch sagen: Ich bin ein Christ. Amen.